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Testament: International nach Maß

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Deutschland ist ein Einwanderungsland. Viele der Zugewanderten haben bis zuletzt ausschließlich eine ausländische Staatsangehörigkeit. Dies trifft auch auf zahlreiche Finnen und deren Familien zu, die in Deutschland leben. Über die Frage, welche Konsequenzen sich im Erbrecht daraus ergeben, werden sich die wenigsten Gedanken machen. Dieser Artikel ist eine erste Hilfestellung für die Erstellung eines Testamentes.

1. Anzuwendendes Recht

Seit dem Jahr 2015 ist der Wohnsitz bei der Bestimmung des anzuwendenden Rechts der erste Anknüpfungspunkt. Verstirbt zum Beispiel ein finnischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Deutschland, so wird auf den Erbfall deutsches Recht angewandt. Wenn er die Hälfte des Jahres in Finnland verbringt, ansonsten in Deutschland, ist die Situation nicht eindeutig. Im Testament kann eine bestimmte Rechtswahl getroffen werden, in dem Beispiel entweder das deutsche Recht (Wohnsitz) oder das finnisches Recht (Staatsangehörigkeit). Besteht eine Unsicherheit, wo der „Ort des gewöhnlichen Aufenthalts“ liegt, so sollte eine Rechtswahl getroffen werden. Ansonsten verzögert die Klärung dieser Frage die Abwicklung der Erbschaft. Nicht verwechseln: Die Wahl des anzuwendenden Erbrechtes betrifft nicht das Erbschaftssteuerrecht.

Das Erbrecht bestimmt, wer Erbe wird. Ist der Erblasser verheiratet gewesen, so bestimmt sich die Frage, was vererbt wird, auch nach dem Vermögensrecht zwischen den Ehepartnern, dem sog. Ehegüterrecht. Es sollte sichergestellt werden, dass gleiches nationales Recht für den Erbfall wie auch für das Güterrecht gilt. Erbrecht und Güterrecht sind in jedem Land für sich aufeinander abgestimmt. Fallen sie aber auseinander, kann es zu unbilligen Ergebnissen kommen. In diesem Artikel kann diese Fragestellung nicht vertieft werden.

2. Die Rechtswahl im Testament

Eine mögliche Rechtswahl sollte nicht unter “patriotischen“ Gesichtspunkten erfolgen. Bei einem Wohnsitz in Deutschland ist die Anwendung deutschen Erbrechts zu empfehlen.

Im Erbfall muss nachgewiesen werden, wer Erbe geworden ist. Ein solcher Nachweis wird zum Beispiel vom Grundbuch, von Banken, vom Finanzamt usw. verlangt.

Den Nachweis erbringt man durch einen Erbschein/ Nachlasszeugnis, der bei Gericht beantragt wird. Muss das Gericht hierbei ausländisches Recht prüfen, verzögert sich alles. Schon bei der Anwendung deutschen Erbrechts kann es wegen chronischer Überlastung deutscher Gerichte Monate dauern, bis man den Erbschein in den Händen hält. Daher der Rat, in Deutschland nicht grundlos eine Rechtswahl zu Gunsten ausländischen Rechts zu treffen.

3. Gesetzliches Erbrecht bei Wohnsitz des Erblassers in Deutschland

Richten sich Erbrecht und Güterrecht also nach deutschem Recht, erbt in der Familie mit Kindern der überlebende Ehegatte in der Regel 50 %, die Kinder teilen sich die anderen 50 %. Wer diese Erbfolge nicht will, benötigt zwingend ein Testament.

4. Ein Testament in Deutschland verfassen

Ein finnischer Staatsbürger kann sein Testament in Deutschland sowohl nach den finnischen als auch nach den deutschen Formvorschriften erstellen. Die Frage der Form ist zu unterscheiden von der Frage des Inhaltes. Das Testament nach deutschem Recht – inhaltlich – dürfte sogar in finnischer Sprache verfasst werden. Bedenken sollte man dabei, dass das lokale Nachlassgericht in Deutschland das Testament prüft. Wird es in einer ausländischen Sprache oder nach ausländischen Formvorschriften erstellt, verzögert dies wieder die Prüfung durch das Gericht. Daher auch an dieser Stelle die Empfehlung, das Testament in deutscher Sprache und nach deutschen Formvorschriften zu erstellen. Zeugen werden bei einem deutschen Testament nicht vorausgesetzt. Das Testament muss vollständig handgeschrieben sein, sofern es nicht durch einen Notar erstellt wird. Ist das Testament per Computer ausgedruckt und nur handschriftlich unterschrieben, ist es nach deutschen Formvorschriften unwirksam.

5. Hilfe bei der Erstellung des Testamentes

Ein Testament benötigt man nur dann, wenn man von der gesetzlichen Regelung abweichen will. Im Internet findet man tausende kostenlose Vorlagen für ein Testament. Eine maßgeschneiderte Lösung für den internationalen Erbfall wird man dort aber schwerlich finden. Daher ist zu empfehlen, sich das Testament von einem Rechtsanwalt entwerfen zu lassen, der neben dem Erbrecht der betroffenen Staaten, auch steuerliche Gesichtspunkte berücksichtigen kann.

6. Erbschaftsteuer

Durch eine fehlende steuerliche Planung kann – gerade im deutsch-finnischen Kontext – viel Geld verschenkt werden. Das Finanzamt freut sich dann – die Erben allerdings weniger.  Die gesetzliche Regelung ist selten die steuerlich günstigste Regelung, gerade dann nicht, wenn es noch Vermögenswerte im Ausland gibt.

Die Steuerfreibeträge sind von Land zu Land völlig unterschiedlich. So haben volljährige Kinder in Deutschland z.B. einen Freibetrag von 400.000 €, in Finnland lediglich 20.000 €.

Wohnen Erblasser und Erbe in Deutschland, wird in Finnland lediglich Immobiliarvermögen besteuert.  Zusätzlich ist die gesamte Erbschaft in Deutschland zu versteuern. Eine anteilige Anrechnung der in Finnland gezahlten Steuer kann in Deutschland nur dann erfolgen, wenn in Deutschland tatsächlich Steuer anfällt. Aufgrund der hohen Freibeträge ist das nicht immer der Fall.

Leben Erblasser und Erbe in unterschiedlichen Ländern, (Deutschland/Finnland) so ist der Erbe in beiden Ländern steuerpflichtig. Eine Steuererklärung ist dann in beiden Ländern abzugeben, eine anteilige Anrechnung der gezahlten Steuer möglich.  Eine steuerliche Planung ist bei der Gestaltung des Testaments daher dringend anzuraten.

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